Pathologie und Qualzuch
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Pathologie und Qualzucht: Neue Wege gehen. Diesen interessanten Artikel fand ich im Internet. Ich denke, auf unsere Barsois trifft es so noch nicht zu, auch, wenn wir sowohl Linienzucht, als auch outcross und gemischt in unseren Zuchtverpaarungen anwenden. Auch achten wir DWZRV-Züchter auf uns bekannte Gendefekte bei den Barsois, siehe Zuchtordnung. Natürlich kann man "generationsüberspringende" Genfehler nie ausschließen, doch über entsprechende Recherche, wenn sie auftreten, kann man vielleicht erkennen, in welchen Linien sie mal aufgetreten sind und solche Linien nicht wieder verpaaren. Der Tierarzt und Tierpathologe Prof. Dr. Achim Gruber betrachtet Hunde aus einer anderen Perspektive. Seit 25 Jahren diagnostiziert und erforscht er Krankheits- und Todesursachen auf dem Obduktionstisch, unter dem Mikroskop und an Molekülen. Als Leiter des Instituts für Tierpathologie der Freien Universität Berlin beobachtet er die Entwicklungen der Gesundheit von Hunden und anderen Haustieren aus der Adlerperspektive, denn gleichzeitig verfolgt er auch die Nöte von Wildtieren, Nutztieren und Versuchstieren. Hunde bereiten ihm die größten Sorgen. Sein Bestseller »Das Kuscheltierdrama« lag bei Markus Lanz, Frank Plasberg, 3nach9 und vielen anderen Talksendungen auf dem Tisch. »Wir leben in einer Zeitenwende der Rassezucht, hoffentlich«, sagt er. Aber was muss geschehen? Jeder kennt die Pathologen der Sonntagsabendkrimis, aber kaum jemand kennt Tierpathologie. Dabei können wir »vierbeinigen Pathologen« viel beisteuern zur aktuellen Debatte um Defektzuchten und andere Formen entarteter Haustierliebe. Den Begriff »Qualzucht« benutze ich ungern, denn laut Duden unterstellt »quälen« eine Absicht, und die unterstelle ich niemandem. Aber defekt züchten wir viele von ihnen schon, systematisch, seit Jahrzehnten und ohne genügend Einsicht oder Wille zur Umkehr bei manchen Züchtern. Zu viele von ihnen schauen immer noch weg, wollen es nicht wahrhaben oder zugeben oder sind völlig inkonsequent in der Umsetzung.
Krankheitsbringende Zuchtziele »rassetypisch normal« Wir Tierpathologen haben dabei das Privileg, dass wir Krankheit und Leid immer auch im Vergleich mit den Krankheiten von Wildtieren sowie anderen, dem Menschen dienenden Tieren sehen, etwa lebensmittelproduzierenden Tieren und Versuchstieren. Von jeder dieser Tiergruppen verlangen wir einen teils hohen Preis für die Leistungen, die sie für uns erbringen sollen. Das gilt genauso auch für Hunde, die sich diesbezüglich nicht von Hühnern, Schweinen und Labormäusen unterscheiden. Nur die Art ihrer Leistungen für uns ist anders: bester Freund, Zeitvertreib, Kind- oder Sozialpartnerersatz, Kumpane in einsamen Stunden, besonders auch zu Corona-Lockdown-Zeiten. Wir haben ihnen wirklich viel zu verdanken und verlangen manchmal viel von ihnen. Dafür übertreiben wir es oft – teils aus Dankbarkeit und manchmal vielleicht auch aus schlechtem Gewissen – bei der Auswahl von Halsbändern, Körbchen, Leckerlis, und besonders bei trendigen, oft völlig unsinnigen Ernährungsformen. Unsere Liebe und unsere Geldbörse scheinen hier fast grenzenlos. Warum aber züchten wir viele von ihnen dann lahm, atemlos, allergisch, krebsanfällig, epileptisch, taub oder blind, aber auch stupide und verhaltensverarmt? Sind uns die Zuchterfolge in Form von Schönheit (nur in unseren Augen!), Extravaganz und abnormen, gigantischen oder winzigen Größen wichtiger als ihre Gesundheit? Diese Fragen gehen an die Züchter, aber vielmehr noch an die Käufer von Hunden, denn es wird nur produziert, wonach der Markt verlangt. Die traurigen Zuchtprodukte landen auf den Obduktionstischen der Tierpathologen als an heißen Sommertagen erstickte oder überhitzte Möpse und French Bullies, an Knochenkrebs verendete Riesenhunde oder wegen kaputter Hüften oder unheilbarer Allergien erlöste Ausstellungs-Champions. Und unzählige andere. Tierchirurgen spezialisieren sich auf aufwendige und kostspielige Korrekturen missgestalteter Köpfe und arthrotischer Gelenke, um tiergerechtes Leben zumindest ansatzweise wiederherzustellen.
Wir leben in
Zeiten entarteter Haustierliebe
Problem Inzucht Seit den im »Kuscheltierdrama« bereits geschilderten wahren Schicksalen dieser Entwicklung (Gruber 2021) sind weitere neue, abschreckende Beispiele bekannt geworden. Der Miniatur-Bullterrier etwa, der sich nach den Kampfhundeverordnungen und vielfachen Beschränkungen der sog. Listenhunde zunehmender Beliebtheit erfreute, ist heute leider in hohem Maße durch eine genetisch bedingte Kehlkopflähmung belastet. Der Inzuchtgrad war bereits zuvor infolge eines genetischen Flaschenhalses recht hoch in dieser Rasse, und wie andere, plötzlich sehr beliebt werdende Rassen mit dadurch forcierter Zucht, nahm der Mini-Bulli erheblichen weiteren Schaden: Die Betroffenen unter diesen sonst sehr liebenswerten Hunden können mit hochgradiger Atemnot und lästigen Atemgeräuschen belastet sein. Der Berner Tiergenetiker Prof. Dr. Tosso Leeb konnte mit seinem Team die genetische Grundlage klären. Er wies das Risikogen für die »hereditäre Larynxparalyse« in weit mehr als der Hälfte (!) aller getesteten Mini-Bullterrier nach (Rasouliha 2019). Die Forschung half und entwickelte einen Gentest, der heute unverzichtbar bei ihrer Zucht ist. Leider ist dies nicht der einzige Gendefekt in dieser Rasse, was gesunde Zucht erheblich erschwert. Eine viel höhere Zahl an Gendefekten findet sich bei anderen, sehr populären Rassen. In einer breiten Studie von 2015 konnte Dr. Lindsay Farrell aus Edinburgh in kaum einer Hunderasse keine Defekte finden. 72% der Gendefekte fand sie in den 20 beliebtesten Hunderassen (Farrell 2015). Viele populäre Rassen sind wohl nicht mehr zu retten, da es bei ihnen zu wenige noch einigermaßen gengesunde Hunde gibt. Warum ist das so, was läuft chronisch schief und was muss endlich passieren?
Der Hundekäufer
entscheidet! Rassekaufentscheide trifft die oder der durchschnittlich Informierte anhand ihrer oder seiner sehr persönlichen Motive. Neben Schönheit (für sich selbst) und Extravaganz (für die Nachbarn?) stehen dabei heute besonders Funktionen als Kind- oder Sozialpartnerersatz in einer zunehmend vereinsamenden Gesellschaft im Vordergrund. Das ist prinzipiell auch gut so. Die Möglichkeit, eine enge soziale Bindung zu dem Tier aufzubauen, wird jedoch erleichtert durch menschenähnliche Anatomien, also runde Köpfe, flache Nasen, flache, parallele Augen in einer hohen Stirn, Gesichtsfalten (= Charakterköpfe), kurze bis fehlende Schwänze sowie kurze oder ganz fehlende Behaarung. Und Babygröße. Ein weiteres Motiv scheint sich in den letzten Jahren immer weiter herauszukristallisieren: Pflegebedürftigkeit, Abhängigkeit, ja Hilflosigkeit eines Tieres können den Pflegetrieb eines Menschen optimal befriedigen. Wird die Pflegebedürftigkeit dieser Hunde und damit ihr Leid hier zu einem – wahrscheinlich unbewussten – Kauf- und damit Zuchtziel? Der biologische Trieb zu pflegen zählt neben der Nahrungsaufnahme und der Sexualität zu den drei evolutionär offenbar auch beim Menschen am stärksten verankerten Trieben. Aber wie können wir diesen in unserer modernen Gesellschaft ersatzweise befriedigen? Der Trend ist ungebrochen: durch Hunde, Katzen und andere Haustiere! Aber damit übernehmen wir auch Verantwortung. Hunde halten für uns ihr Fell hin und erbringen uns eine Leistung, für die einige von ihnen einen hohen Preis zahlen müssen. Darin unterscheiden sie sich nicht wesentlich von unseren intensiv genutzten, lebensmittelproduzierenden Tieren. Menschen nutzen Tiere und diesen verlangen wir dafür Opfer ab. Das Maß dieser Opfer im Verhältnis zu unserem Vorteil wird für Versuchstiere seit über 100 Jahren diskutiert, bei Nutztieren seit wenigen Jahrzehnten. Für unsere Hunde befinden wir uns erst in den Welpenschuhen, dieses Maß zu definieren. Von einer praktischen Umsetzung sind wir noch weit entfernt.
Was ist zu tun?
Aber welche
Grenzen sind sinnvoll?Aber welche
Grenzen sind sinnvoll?
Aufbruchstimmung:
Gehen Sie mit! Wie können wir die Rassen retten?
• Defekte und Leid dürfen nicht als »rassetypisch normal« abgetan werden. Buchtipp
Das
Kuscheltierdrama: In fast jedem zweiten Haushalt leben Haustiere. Wir lieben unsere Hunde, verwöhnen sie, und sie werden Freunde und Lebensbegleiter. Doch die zunehmende Nähe birgt auch Gefahren für beide, Haustier und Mensch. In seinem Sachbuch spricht der Tier-Pathologe und -Forensiker Prof. Dr. Achim Gruber erstmals über seine Erfahrungen bei der Obduktion am Seziertisch. Er klärt auf, gibt Tipps zur Vermeidung von Fehlern und kritisiert leidvolle Trends in unserer Haustier-Haltung. Niemand kennt diese dunkle Seite der Haustier-Haltung besser als Prof. Achim Gruber. Er leitet die Tier-Pathologie der Freien Universität Berlin und berichtet von Tier-Schicksalen, die unter die Haut gehen: Hunde, die blind und taub gezüchtet, Nacktkatzen, die tätowiert, und Pferde, die gedopt werden. Professor Grubers bewegende Tier-Geschichten aus dem Obduktions-Saal zeigen, wie es wirklich um die Beziehung der Deutschen zu ihren Haustieren steht. Denn Achim Gruber ist ein leidenschaftlicher Anwalt der Tiere, der vor allem aufklären möchte, wie das Verhältnis des Menschen zu seinem Haustier sorgloser gelingen kann.
ISBN: 978-3-4263-0202-6 LiteraturquellenDie im Text zitierte Literatur in alphabetischer Reihenfolge.
• Farrell et al. (2015) Canine Genetics and Epidemiology 2:3. Diese Hunderassen sind momentan am beliebtestens: Laut dieser Untersuchung gelten folgende zehn Hunderassen zu den beliebtesten weltweit:
Laut der offiziellen Welpenstatistik des VDH sind diese Hunderassen die aktuell beliebtesten in Deutschland:
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